STATION
ROSE
Dass populäre Kultur
das Leben verbessert, verstärkt und erleichtert, vertritt nicht nur
der Popdenker Richard Shusterman. Auch die streitbare Camille Paglia definiert
Pop als eine Kulturform, die die Fackel des Dionysischen hoch hält
und damit die Löcher füllt, die in der apollinischen Superstruktur
sichtbar werden. Und schon die Pioniere einer Technokunst in der Mitte
des 20. Jahrhunderts folgten dem Anspruch der Cybernetic, die Ingenieurs-
und Humanwissenschaften zu vereinen.
Im Frühjahr 1988 borgten sich das Medienkunst-Duo Elisa Rose und
Gary Danner von dem Visionär und Autor Ted Nelson (Computer Lib -
Dream Machines, 1974) den Begriff Hypermedia und eröffneten in Wien
die Station Rose, kurz: STR. Dem Duo kommt vor allem der Verdienst zu,
zu einem Zeitpunkt als Medienkunst in Europa weitgehend mit rationalem
Fortschrittsglauben konnotiert war, aus dem Kunstkontext heraus auf die
psychedelischen Roots der elektronischen Medien verwiesen zu haben. Kunst
& Pop & Neuro-mantik-Hybriden als dyonisische Verunreingung des
damaligen Medienkunst-Diskurses charakterisierten die start up sequence
von STR.
Die Künstlergenese von Elisa
Rose (Visuals) und Gary Danner (Sound) hat in jenen Fraktionen ihren Anfang
genommen, wo der Essentialismus der Neomodernisten durch die Umorientierung
auf Funktion und Code ersetzt wurde und der Beziehungsaspekt, wie schon
in der Konzeptkunst, Vorrang vor dem Objektbegriff bekam. Die vorerst
rein konzeptuelle Idee Station Rose entwickelte sich als Lokalität
schon bald zum Treffpunkt all jener Menschen in Wien, deren vorrangige
Gemeinsamkeit das Interesse an neuen Bewusstseinstechniken, an neuen Weltsichten,
an den medientechnologischen Innovationen und einer entsprechend ästhetischen
Semantik war.
Der Stationsbegriff wurde von dem Betreiberduo als Haltestelle frei nach
dem russischen Konstruktivisten El Lissitzky verstanden, der als ein Protagonist
der ästhetischen Moderne die Neukonzeptualisierung des architektonischen
Raums forderte. Um Erstarrung und Stillstand vorzubeugen, propagierte
er ein Verständnis von Raum, der sich im Denken und Handeln, fern
von Konventionen, lediglich durch temporäre Raummontagen als jeweilige
"Haltestelle des Werdens" formieren solle.
Beginnend mit ihrer Art & Pop-Hybrid-Offensive mittels intermedialen
Aufführungen, weiters mit der Veröffentlichung von Maxisingles,
LPs, CDs und später auch CD-ROMs bis hin zu den Multimedia-Midi-Performances
in der Frankfurter Ära, situierte sich Station Rose im Medienkunstkontext
(erstmals vertreten bei der Ars Electronica ´89 in Linz), in den
Biotopen der DJ-Culture, knüpfte Netzwerke zu Cyberdeliker und Cyberianer,
zu Codepoeten, Metadesigner und netactivists. Nach dem Sieg der modernen
Abstrakten im 20. Jahrhundert, formierte sich im Übergang zum 21.
Jahrhundert die Bewegung der ultramodernen Fraktalen, der heute als Medien-
und Netzkulturen in den Prozessen der Virtualisierung des Sozialen in
zivilgesellschaftlicher Hinsicht eine relevante Rolle zukommt.
Mit Nachdruck prägte die Veranstaltung Cyberthon - a 24 hour adventure
in Virtual Reality, 1990 in San Francisco, das Schaffen von STR. Hier
trafen sie erstmals persönlich auf die cybernautischen Wortführer
wie John Perry Barlow, William Gibson, Terence McKenna, Howard Rheingold
u. a. Mit Timothy Leary waren sie erstmals persönlich auf der Ars
Electronica ´90 in Linz zusammengetroffen. Beim legendären
"acid test of the 90ies" in San Francisco, wo STR als einziger
europäischer Beitrag eingeladen war, war auch Leary anwesend, dem
Rose und Danner bis zu seinem Tode in Freundschaft verbunden waren. Mitte
der 90er fungierte STR als "Hosts of the Frankfurt Conference"
und als WWW-Jammers bei Howard Rheingolds Electric Minds.
Seit Jänner 1999 gibt es STReaming-Live-Webcast-Acts, die seit Mai
2002 als Best of aus mehr als 150 Streams reeditiert als TV-Format wöchentlich
auf dem Kanal des Hessischen Fernsehens ausgestrahlt werden. Im Sommer
´04 wurde aus einer Auswahl von18 TV-Sendungen mit je 55 Minuten
eine DVD und eine CD produziert. Abzüglich dem Interviewteil hat
die DVD eine Gesamtlänge von 85 Minuten. DVD und CD Station Rose
- Best of Webcasting erscheinen bei ZYX, Vertrieb weltweit.
F.E.Rakuschan Oktober
2004
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